BERLIN IS NOT BAYREUTH

„Hier, wo ich nun gerade bin und wo manches gar nicht so übel ist, würde ich auf einer schönen Wiese bei der Stadt ein rohes Theater nach meinem Plane herstellen. Ist alles in gehöriger Ordnung, so lasse ich dann unter diesen Umständen drei Aufführungen in einer Woche stattfinden: nach der dritten wird das Theater eingerissen und meine Partitur verbrannt. Den Leuten, denen die Sache gefallen hat, sage ich dann: „nun macht’s auch so!“

Richard Wagner an Theodor Uhlig, 22. September 1850

Mit BERLIN is not BAYREUTH bekommt Berlin ein kleines, anarchisches Wagner-Festival. Vom 23. – 25. August 2019 holten der Köpenicker Rapper Romano, die feministische Performerin Vanessa Stern und Ensemble, die Puppentheatergruppe Das Helmi – unterstützt von der Sängerin und Schauspielerin Cora Frost, die Electro-Soul-Brüder Tanga Elektra, die griechische Avantgarde-Pop-Musikerin Melentini und die Musiktheater-Kombo glanz&krawall Richy Wagner für drei Tage nach Berlin und hoben ihn vom Genie-Sockel. BERLIN is not BAYREUTH versuchte in Lichtenberg auf dem alternativen Künstler-Gelände der B.L.O.-Ateliers (nur 10 Minuten vom Bahnhof Alexanderplatz entfernt) das, wovor sich alle klassischen Bühnenweihspiele dieser Welt gruseln: ein hierarchiefreies Aufeinandertreffen von E- und U-Musik, von Hochkultur und Pop.

Wagners Tannhäuser – in Dresden uraufgeführt – beschreibt die Rolle des Künstlers in einer Gesellschaft, die nicht willens ist, dessen Kunst zu rezipieren. Tannhäuser ist der Künstler ohne Publikum; er bringt das Neue, das noch keine*r verstehen will.
Neben den bürgerlichen Eliten in den Opern- und Festspielhäusern wandte und wendet sich BERLIN is not BAYREUTH explizit an jene, die bei Wagnerzuerst an Tiefkühlpizza denken. Auf 4 Open Air- und Indoor-Bühnen entstanden mit der Wartburg, dem Venusberg und dem Vatikan die zentralen Spielorte der Oper. Die Oper wurde in einem 6-Stunden Marathon begehbar und Musikacts wie Darstellende Künstler*innen bespielten die Live-Bühnen gleichermaßen parallel. Die Zuschauer*innen bewegten sich frei und entschieden autark, wann sie welchen Teil sehen.
Konzert, Festival und Party flossen für 3 Tage ineinander. Figuren einer Welt wurden zu Zuschauenden an anderen Bühnen. BERLIN is not BAYREUTH war und ist Oper als Festival als Utopie.

 „Wir packten den Wohnwagen, schoben ihn zum See und zündeten ihn an. Eine richtige Wikingerbestattung. Er brannte lichterloh und versank schließlich auf dem Grund.“  

Lemmy Kilmister, Motörhead, in seiner Autobiografie White Line Fever (2002)

glanz&krawalls WARTBURG

Im Camping-Paradies Wartburg dominiert die Dynastie des Landgrafen Hermann ihre Mitmenschen mithilfe von Alltags- und Freizeitritualen, die die Ordnung festigen und das Leben strukturieren. „Radio Wartburg“ dudelt hier, Spitzel des Landgrafen beobachten dich, Schlager-Appelle halten dich in Schach. Schlager sei „wüster, aufwühlender und schockierender als der am lautesten tosende Richard Wagner“, schreibt Moritz von Uslar in seinen Brandenburg-Beobachtungen Deutschboden. „Eben weil der Schlager immer beides ist, die süßeste und die scheußlichste, die heilste und kaputteste, verlogenste, verrottetste Musik überhaupt.“ – Eine Beschreibung, die ebenso gut auf die Musik Richy Wagners passt, die im Freizeitkosmos Wartburg selbstverständlich auch nicht fehlt. Die perfekte Liebe und mit ihr das perfekte Leben werden hier besungen, um nicht gelebt werden zu müssen. Wie ist ein Ausbruch aus dieser Alltagshölle (Hölle, Hölle, Hölle) möglich?

MIT Angela Braun (Gesang), Dennis Depta (Performance), Fabian Engwicht (Trompete), Christopher Heisler (Schauspiel), Benjamin König (Tuba), Ingolf Müller-Beck (Schauspiel), Vera Maria Kremers (Gesang), Viola Schmitzer (Horn), Andrej Ugoljew (Posaune, Leitung Bläserquartett), Felix Witzlau (Schauspiel)

REGIE Marielle Sterra
MUSIKALISCHE LEITUNG, KORREPETITION Edgar Wiersocki
DRAMATURGIE Dennis Depta
BÜHNE Clementine Pohl 
KOSTÜME Sophie Schliemann 
REGIE-ASSISTENZ Peter Kilian Schmeink

FOTOS Erik Silvester Kaufmann, Claudia Ohse, Ingo Tesch

AUFFÜHRUNGEN

Freitag, 23. August 2019, ab 17.00 Uhr
Einlass & Picknick / 18.00 Uhr Beginn / 00.00 Uhr Aftershowparty

Samstag, 24. August 2019, ab 16.00 Uhr
Einlass & Picknick / 18.00 Uhr Beginn / 00.00 Uhr Aftershowparty

Sonntag, 25. August 2019, ab 15.00 Uhr
Einlass & Picknick / 17.00 Uhr Beginn

Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds und die Spartenoffene Förderung der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa (CityTax).
Medienpartner: RBB Kulturradio / taz Theater der Zeit / neues deutschland

WEITERE INFORMATIONEN UNTER WWW.BERLINISNOTBAYREUTH.DE 

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